"Koscht des ebbes ekschtra ?" Sie hat das K-Wort gesagt! Voll laut! Seine Mutter!
Mitten in der knallvollen Münchner Trambahn! Das Zweit- Schlimmste, was dem Sohn
beim elterlichen Besuch passieren konnte! Das Schlimmste wäre das Sch-Wort gewesen.
Schparen. Nämlich isch der Sohn Schwabe. Und jetzt wächst eine Tomate in ihm,
so rot wird er in der Tram, und er schwitzt in sein Hemd. Seine Eltern wissen
nicht, warum er plötzlich krampft. Daß sich die anderen Fahrgäste nach ihnen umdrehen,
grinsen - sie auslachen - merken sie gar nicht. Der Sohn aber ischt sensibel geworden.
Nach München ischt er gegangen, um ein Gschdudierter zu werden, also wegen der Universität. Und weil er in seinem Heimatdorf nicht einmal mehr tot über dem Zaun hängen wollte. Es gibt einige Klischees über die Schwaben, das sind alles Wahrheiten, die ihn schon lange langweilen. Es stimmt, daß die Fähigkeit einer jungen Frau, die Schpätzle so hinzukriegen wie ihre zukünftige Schwiegermutter, als letzter Beweis für ihre Heiratsfähigkeit gilt. Es stimmt, daß man sich zu Hause die Straßenschuhe ausziehen muß, bevor man Hallole sagt, Hausschuhe anzieht und regelmäßig Kehrwochen-Vollzug meldet. Es stimmt außerdem, daß der Schwabe ansich schparsam isch, nein, daß er geradezu jeden Tausender zweimal umdrehen muß, damit er sich alle Jahre einen neuen Daimler vors Häusle stellen kann, womöglich mit allen Ektschtras, die ja alle ekschta koschten. |
In der Uni hört man sofort, ob einer ein Schwabe ischt, weil ein Schwabe meistens
schweigt. Das kommt daher, daß er von seiner ersten Vorlesung an, als er seine
Gosche im Hörsaal nichtsahnend aufgemacht und den Professor gefragt hat, ob das
jetzatle so oder so isch, ausgelacht worden ischt. Und wenn dich in einem
Hörsaal 300 Menschen ( inklusive Professor, der sogar mikrophonverstärkt) auslachen, das
ischt schon ein Grund, die Gosche zu halten. Und wenn dich am Tag die Leute
zehnmal fragen: "Du bist auch nicht von hier, oder?" machst du die Gosche auch beim
elftenmal nicht auf.
Außer diesen verdruckten Schwaben gibt es seit je her aber auch die hochsprachebegabten. Die erkennt man daran, daß sie Endungen auf -en überbetonen, statt gell gehl sagen, aber immer - ein Schwabe kann nicht anders - isch oder ischt, statt ist. Die Hochsprachebegabten sind genau so arm dran wie die verdruckten. Auf Besuch in ihren Heimatorten gelten sie als was Besseres, also als Angeber. Zu Hause haben sie keine Freunde mehr, es sei denn ihre alten Freunde sind Fischköpfe. |
Zum Glück gibt es schließlich noch eine dritte Gattung von Schwaben in der Fremde:
die Sprach-Sadisten. Die treffen sich regelmäßig in kleine Gruppen, bevorzugt mit ein, zwei
hochdeutsch Redenden, und quälen diese mit dem lauthalsen Wiederentdecken urschwäbischer
Asudrücke. Wenn sie Worte sagen wie Pfläumle ( das, was nur eine Frau hat), Bieberle ( das was
nur ein Mann hat) und Muggaseggele (das, was nur die männliche Fliege hat, aber eigentlich
allgemein ein klein wenig meint), freuen sie sich und fühlen sich gut.
Aber auch im Schwäbischen isch der Zipfel, nach dem man greift, nicht immer die Schlafzimmerdecke des Universums. Deshalb hilft im banalen Alltag, wenn die Mutter etwa in der Tram das K-Wort sagt, auch dem Sprach-Sadisten alles überhaupt nichts. "Mir müssat ausschtei-geen", sagt der Sohn leise. Da hört er, wie einer ziemlich laut sagt: "Wenn ich eins hasse, dann sind das Schwaben." Ein anderer nickt. Der Sohn denkt: "Älles blede Seggl. Schteigat mir doch end'Dasch!" |